American Express will drin bleiben und Apple will rein – Kreditkarten im Wandel
Ich stöbere gerne auf Designtagebuch herum, um mir anzuschauen, wie aus beknackten Logos noch beknacktere Logos werden. Nach ungefähr zehn Jahren war jedes Unternehmen einmal dran und hat mindestens einen Schatten in seinem Logo entfernt.
Neulich stolperte ich über eine Nachricht in Bezug auf American Express. Das Finanzdienstleistungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Kreditkartenausgabe gibt sich ein neues Gewand in Form eines aktualisierten Logos und weiteren Veränderungen im Corporate Design.
Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, dass das Unternehmen ein echtes Problem hat. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass American Express die Kreditkarte ausgibt, ebenso vergibt es den Kredit und streicht die Zinsen ein. American Express hat einen geringen Marktanteil, weltweit und in Deutschland, und hat einen Gewinn der deutlich hinter denen der Konkurrenten Visa und Mastercard liegen.
Nun wissen wir, dass ein geringer Marktanteil per se nicht schlimm ist – siehe Markanteil von iOS am gesamten Smartphone-OS-Markt. Aber zu wenige Akzeptanzstellen können Kreditkartenhalter rasend machen.
Ich habe da mal ein paar Zahlen vorbereitet, je für das Geschäftsjahr 2017:
- Visa: 18,36 Mrd. Dollar Umsatz, 6,7 Mrd. Dollar Gewinn (Link)
- Mastercard: 12,5 Mrd. Dollar Umsatz, 3,9 Mrd. Dollar Gewinn (Link)
- American Express: 33,47 Mrd. Dollar Umsatz, 2,7 Mrd. Dollar Gewinn (zur Fairness: American Express habe wegen einer Steuerreform einen einmalig verringerten Gewinn. 2016 betrug der Gewinn 5,4 Mrd. Dollar) (Link, Link)
American Express hat bei einem Umsatz von 33,47 Mrd. Dollar nur einen Gewinn von 2,7 Mrd. Dollar (respektive 5,4 Mrd. Dollar 2016). Dagegen erwirtschaftet Visa bei einem Umsatz von 18,36 Mrd. Dollar einen Gewinn von 6,7 Mrd. Dollar.
Zeit nun, die Sache anzugehen und reinzuklotzen. Aber behutsam, wie wir bei der aktualisierten Webseite (aktuell nur zur Hälfte umgestaltet) und eben den Designanpassungen sehen. Dabei hätte diese Anpassung für einen viel größeren und bedeutenderen Schritt verwendet werden sollen. Denn American Express hat folgende Probleme.
American Express‘ Wirkung auf Europäer
American Express ist ein katastrophaler Name. American Express klingt nach einem Produkt oder Dienstleistung, die Amerika vorbehalten ist. Al Ries, ein Marketingspezialist, versteht bis heute nicht, warum sich einige Markennamen auf Regionen und Gebiete beziehen. Er führt allen voran Southwest Airline als Beispiel an, die auch an der Ostküste der USA fliegt. Warum heißt sie dann Southwest Airline?
American Express sollte konsequent sein: Wenn sie schon global vertreten sein wollen, sollten sie ihre Herkunft gehen lassen. In diesem Falle sorgt der Name nur für Verwirrung oder gar für Ablehnung. Funktioniert die American Express auch in Europa? American ist doch nur was für Reiche, oder? Die American Express spielt im europäischen Kartengeschäft tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle. Welcher Name würde besser als Amex? Kurz, simpel und einige nutzen diesen Namen bereits. Eigentlich genial.
American Express dümpelt seit Jahren Visa und Mastercard hinterher. Für sich genommen nicht schlimm, wenn der Gewinn stimmt. Leider stimmt dieser auch nicht. American Express versucht händeringend etwas vom Kuchen der Normalo-Kundschaft abzubekommen, wo sich bereits seit Jahren Mastercard und Visa breitgemacht haben. Dabei hat die American Express eine ganz andere Stärke: Eine Kreditkarte für die einkommensstärkere Kundschaft – gold, platin und auch schwarz, die es nicht auf Antrag gibt, sorgten für ein Bild im Kopf wie der Kreditkarte für Anspruchsvolle. Nicht wenige in Deutschland verbinden mit American Express eine Kreditkarte für höhere Einkommensschichten mit höheren Ausgaben. Stattdessen zimmert American Express zusammen mit Payback eine Kreditkarte zum Punktesammeln, die alles andere als eine Zahlungsmittel für die Oberen ist. Wofür will American Express nun stehen? Eine Kreditkarte für alle und gleichzeitig den Status der Wohlhabenden unterstreichen? Also Sicherheits- und gleichzeitig Dominanzmotiv bedienen? Dies ist ein ziemlich schlechter Fokus.
Und zuletzt ein Ausblick in die Zukunft. Die Kreditkarte wird es sehr schwer haben. In Deutschland hatte die Karte mit Kreditrahmen ohnehin einen schweren Stand. Da es hierzulande mit einer Girokonteneröffnung gleich eine Girokarte (früher EC-Karte) gibt und sich im Internet das Lastschriftverfahren und PayPal die Pionierfahne gesichert haben. Seien wir mal ehrlich: Ja, wir können immer noch nicht ohne große Hürden mit dem Smartphone eine Packung Kaugummi im Laden bezahlen. Doch während Funktion um Funktion in den kleinen Taschenheld wandert, wollen wir weiter mit einer physischen Karte bezahlen? Ich glaube daran nicht. Das sollten Visa & Co. auf dem Schirm haben. An dieser Stelle übrigens ein großes L an PayPal, das es bisher nicht geschafft hat, mittels seiner App im Geschäft um die Ecke bezahlen zu können.
Apple Pay wird indes verwässert
Nun der obligatorische Blick zu Apple. Apple will angeblich zusammen mit Goldman Sachs eine Kreditkarte auf den Markt bringen, die das Apple-Pay-Logo tragen soll. Apple Pay? Ja, das ist das Bezahlverfahren, von dem Deutschland weiterhin meilenweit entfernt ist.
Aus Markensicht stellen sich hier zwei Fragen:
- Was hat Apple mit einer Kreditkarte zu tun?
- Sollte Apple zusammen mit einer Bank eine Kreditkarte ausgeben?
Kurz geantwortet: Nichts und nein.
Die ausführlichen Antworten: Apple will mit Goldman Sachs in den Kreditkartenmarkt einsteigen, damit sich beide Unternehmen breiter aufstellen können. Also wollen sie ihren Fokus verbreitern. Zum anderen soll Goldman Sachs leichter die Kreditvergabe für die teuren iPhones übernehmen, damit deren Absatzzahlen steigen. Doch Apple ist ein IT-Unternehmen mit Fokus auf Endgeräte und Software. Der Sprung in das Kreditkartengeschäft mit Apple-Pay-Logo auf den Plastikkärtchen sorgt nicht für eine schärferer Positionierung von weder Apple Pay noch Apple selbst. Im Gegenteil: Apple Pay stand bisher immer für das Loswerden der Kreditkarte – mit dem iPhone wird einmalig die Kreditkarte abfotografiert und so auf dem Gerät gespeichert. Im Laden kann dann mit dem iPhone via Apple Pay bezahlt werden. Die Kreditkarte bleibt fortan zu Hause, weil sie lästig, ja sogar überflüssig sei. All das könne ein Smartphone mit NFC als Schnittstelle auch übernehmen. Sicher und bequemer. Wenn Apple Pay eben für die Digitalisierung der Plastikkarte steht: Warum zur Hölle will Apple eine Plastikkarte mit Apple-Pay-Logo auf den Markt bringen? Das passt alles nicht zusammen.