Ein neues Produkt verlangt eine neue Marke

by Markus Februar 27, 2018

Es gibt Unternehmen, die nicht genug kriegen von Marken. Procter & Gamble (P&G) ist eins davon.

Warum?

P&G erfindet fast für jedes neue Produkt eine neue Marke. Neue Produkte sind hierbei neue Produktkategorien, vergleichbar mit einer Produktinnovation: Sobald eine neue Produktkategorie auftaucht, macht sich P&G dran und entwickelt eine neue Marke.

Eine Kostprobe?

Zahnpasta: Blend-a-med.
Waschmittel: Ariel
Weichspüler: Tenor
Nassrasierer für Männer: Gilette
Spülmittel: Fairy
usw.

Ganz anders als P&G agieren Autohersteller. So hat die Volkswagen AG zwar unterschiedliche Marken: zum Beispiel VW, Porsche, MAN, Audi und Seat. Alle Marken sind unterschiedlich positioniert und stehen für unterschiedliche Nutzenvorteile. Sicherheit vs. Spaß, Lastentransport vs. günstiger Kleinwagen. Innerhalb der Marke herrscht jedoch das Chaos. Da ist jedes Kinderzimmer mit komplett verstreuter Legosammlung übersichtlicher – und auch weniger schmerzfrei, wenn Sie den Versuch wagen, sich den Weg durchs Gelände zu bahnen.

Wissen Sie, wo die Unterschiede bei den VW-Modellen liegen? VW verkauft den up!, Golf, Polo, T-Roc, Tiguan, Sharan, Passat usw.

Ich will Sie nicht weiter verwirren… Aber es gibt noch den Golf Sportsvan Join, Golf Variant, up! beats, special up! und so weiter. Von einer übersichtlichen Modellpalette fehlt jede Spur.

Sie werden jetzt wahrscheinlich sagen: Ist doch klar. P&G bietet verschiedenen Produkte an, wohingegen VW ein Produkt anbietet – ein Auto.

Eben nicht!

Wenn das alles nur Autos wären, warum bietet VW nicht ein Auto an? Eins, das von A nach B fahren kann und mich mitnimmt? Weil das Ankommen am Ziel gar nicht so im Vordergrund steht. Viele Kunden wollen Spaß beim Autofahren, andere Sicherheit und der Nächste will viel transportieren. Nur strahlen Golf, Polo und Co. als Modellmarken viel zu schwach und uns fällt die Unterscheidung der einzelnen Modelle viel zu schwer.

Was unterscheidet den Golf von einem Polo? Okay, die Größe. Mehr aber auch nicht mehr. Und da liegt das Problem.

Umso verwunderlicher ist der neueste Schritt von Volkswagen.

Volkswagens neue Marke abseits von VW

Es gibt ja so verrückte Leute, die prophezeien, dass wir in der Zukunft zunehmend Wagen teilen werden.

Und Volkswagen will nicht hinterherhinken und entwickelt bereits mit.

Eine Volkswagen-Tochter entwickelt einen Elektro-Minivan, der Menschen von A nach B fährt, zwischendurch weitere Menschen aufgabelt und nach C bringt. Und immer den kürzesten Weg nutzen soll. Noch soll er gelenkt werden von meinem Menschen, drinnen aber ausgestattet wie ein Minibus der Öffis. Gerufen und gebucht wird die Fahrt mit dem Minibus per App.

Wenn das alles noch nicht verrückt klingt, dann halten Sie sich jetzt fest. Vorne an der Haube des Minibusses werden nicht die getürmten Buchstaben von VW prangern. Sondern Moia. Denn so heißt die Innovation von Volkswagen.

Moia soll Hause Volkswagen für die Fahrdienstleistung stehen. Angesiedelt zwischen Taxi und ÖPNV soll Moia Menschen schnell von ihrem Standort ans Ziel bringen und soll diejenigen ansprechen, die keine Lust auf ihr eigenen PKW haben und eine Taxifahrt zu teuer finden.

Ein Moia-Wagen (Foto: Moia)

Wer sich für die Idee hinter der Dienstleistung Moia interessiert, sei die Moia-Seite ans Herz gelegt.

Und aus diesen Gründen ist Name Moia so viel besser als der Name VW

VW steht seit Jahrzehnten für den Individualverkehr, für Autos mit Verbrennungsmotor, für eine schon lange Zeit verflogene Aufbruchsstimmung mit Käfer und Bully, aber auch irgendwie seit zwei Jahren für eine unehrliche Käufer-Verkäufer-Beziehung.

Moia dagegen ist unbefleckt und unschuldig, voller Tatendrang und radikal. Moia steht für die Gemeinschaft und nicht für Individualität. Das hat nichts mit VW zu tun – vielleicht abgesehen vom Absender der Einzelteile.

Minibusse auf Abruf besetzen in unseren Köpfen eine neue Produktkategorie und benötigen daher einen neuen Namen. Dies erleichtert uns den Umgang mit dem neuen Fahrdienst. Vielleicht wird Name Moia sogar synonym für die Produktkategorie stehen, so wie es Uber im Bereich Mitfahrgelegenheit-Rufen tut.

VW hat in der neuen Kategorie nichts verloren und wird wie viele andere alteingesessne Autobauer mit ihren Marken diese nicht besetzen können.

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